Samstag, 1. März 2014

Andrea Petkovic

Zurück in die Weltspitze

Die lange verletzte Andrea Petkovic will sich aber künftig mehr in Geduld üben

Wer die Tennisspielerin Andrea Petkovic kennt, der weiß: Die 25-Jährige ist eine echte Kämpfernatur. Nach vielen gesundheitlichen Rückschlägen will die ehemalige Top-Ten-Spielerin es noch einmal wissen. Ihr Ziel: die Rückkehr in die Weltspitze. 

2012 erlebte Andrea Petkovic ein sportliches Seuchenjahr. Die ehemalige Nummer neun der Welt war sieben Monate verletzt, spielte einige Turniere sogar mit starken Schmerzen. Woher diese kamen, stellte viele Mediziner lange vor ein Rätsel – bis ein Arzt ihr endlich die Ursache ihrer gesundheitlichen Probleme diagnostizierte: ein Ermüdungsbruch im Iliosakralgelenk im Rücken. »Die Verletzung hat Seltenheitswert«, sagt Andrea Petkovic, »und wurde bisher nur bei 29 Menschen diagnostiziert.«


Die gesundheitlichen Rückschläge machte die Deutsche nachdenklich. Die 25-Jährige hat ihre Einstellung zum Sport überdacht, will nun öfter Geduld walten lassen. Dies gehörte bisher nicht zu ihren Stärken. Zu oft stand sie zu früh wieder auf dem Platz. Doch aus den Verletzungen der Vergangenheit hat der Publikumsliebling auf der WTA-Tour gelernt. »Die sieben Monate Pause waren eine gute Lektion«, sagt die 25-Jährige, die zurück in die Weltspitze möchte. Die Rechtshänderin weiß, dass die Rückkehr in die Top-Ten nicht mit links zu machen ist. Petkovic ist realistisch: »Es kann möglicherweise drei bis vier Jahre dauern, bis ich da bin, wo ich schon war.«
Denn für die großen Grand-Slam-Turniere ist sie nicht mehr gesetzt. Die mit 1,80 Metern großgewachsene Spielerin muss sich nach ihrem Absturz in der Weltrangliste auf Rang 126 für jedes große Turnier qualifizieren oder auf eine Wildcard hoffen. Bereits Anfang 2013 wird Andrea Petkovic wohl zum ersten Mal durch die Mühlen der Qualifikation müssen. »Die Chance, dass ich bei den Australian Open eine Wildcard erhalte, liegt bei 80 Prozent.« Anstatt Sharapova, Williams oder Kerber heißen ihre Gegnerinnen dann Fichman, Barnett oder Konta. Namen, die nur wirklichen Tennisfans geläufig sein dürften.
Die Voraussetzungen zum Neustart könnten besser sein, doch Andrea Petkovic hat mit dem Alter gelernt, langfristig zu planen. Bereits heute denkt die 25-Jährige an das Jahr 2016. Olympia in Rio ist eines der großen Ziele der Hessin. Aufgrund der Verletzungspause verpasste sie den Start bei den Sommerspielen in London. Ein doppelter Bänderriss zerstörte schlagartig den Olympiatraum. »Ich wäre gern in London an den Start gegangen. Mein Fuß war jedoch zu kaputt, um zu spielen«, sagt sie. In Rio soll mit 29 die olympische Krönung ihrer Karriere folgen.
Um bis dahin weiter im WTA-Tenniszirkus mitzumischen, muss Andrea Petkovic den Drahtseilakt zwischen der Jagd nach Weltranglistenpunkten und der hohen Belastung besser meistern. Dass die 25-Jährige das in den Griff bekommt, ist ihr zuzutrauen. Deutschlands Tennis-Hoffnung wirkt im achten Profijahr reifer. So geht sie bei Schmerzen nun schneller zum Arzt.
Dass neben Talent noch mehr zum Profitum gehört, ist Andrea Petkovic noch bewusster geworden. Sie weiß, dass sie mehr tun und auf mehr verzichten muss, um erfolgreich zu sein. »Ein Rafael Nadal isst beispielsweise vor großen Spielen auch mal bis zu sieben Schoko-Croissants.« Süßigkeiten sind während der Turniere und in der intensiven Trainingsphase für die 25-Jährige aber tabu. Bei der Wahl ihrer Lebensmittel ist sie wählerisch. Maximal zwei Mal pro Woche kommt rotes Fleisch auf den Teller. Bei Getränken schwört sie auf Wasser. Sogar Säfte stehen nur selten in Petkovic' Kühlschrank.
Um dem Druck des Profisports standzuhalten, greift die 25-Jährige abseits der Tennisplätze gern zu Büchern. Bereits mit 13 Jahren verschlang die Hessin literarische Klassiker von Schiller oder Goethe. Heute geht sie die Lyrik sogar mit wissenschaftlichem Hintergrund an. Petkovic studiert an der Fernuniversität Hagen Literatur und Philosophie, taucht zwischen Training und Turnieren in die Welt der Bücher ein. Ihr philosophisches Wissen hilft ihr zwar nicht auf dem Platz, sorgt aber für einen guten Ausgleich abseits des Sports. Zwischen Bällen und Schlägern liegt derzeit Tolstois »Krieg und Frieden« in der Sporttasche. Schwere Kost, die sie für die weitere Laufbahn prägen soll. Frieden möchte die 25-Jährige nach den vielen Verletzungen mit ihrem Körper schließen, der Weltspitze sagt Andrea Petkovic jedoch den Kampf an. Spielt die Gesundheit mit, will die Hessin mindestens noch bis 2016 auf dem Platz stehen. Dass ihre Karriere anschließend noch einmal in den Tiebreak geht – nicht ausgeschlossen. Vorbild in Sachen Fitness ist Steffi Graf, mittlerweile 43. Besonders beeindruckt ist die 25-Jährige von der körperlichen Verfassung der »Gräfin«. »Steffi kann in Partien über einen Satz noch mit den besten Spielerinnen der Welt mithalten«, weiß Andrea Petkovic, die mit Graf schon in Las Vegas auf dem Platz stand und bei einem Schaukampf am Rande der Gerry Weber Open 2013 dabei sein wird.
Das Alter soll bei der Karriereplanung aber keine Rolle spielen. Die 25-Jährige macht ihr Laufbahnende von der eigenen Motivation abhängig. »Wenn ich keinen Bock mehr habe, dann bin ich halt raus«, sagt Petkovic gewohnt schlagfertig. Bis es so weit ist, möchte sie aber noch ihre Auftritte auf der Tennis-Bühne genießen – und neben den WTA-Turniersiegen in Straßburg und Bad Gastein weitere Erfolge feiern.

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