Montag, 3. März 2014

Sport-Reportage

Ein Gefühl von Schwerelosigkeit

WB-Volontär Florian Weyand wagt sich mit dem Tauchsportclub Gütersloh auf den Grund des Hallenbades

Tauchen: Kraftraubender Sport oder nur reines Freizeitvergnügen für sonnenverwöhnte Strandurlauber? WESTFALEN-BLATT-Volontär Florian Weyand geht dieser Frage bei seinem ersten Tauchgang im Gütersloher Hallenbad tief auf den Grund.

Es macht platsch und ich stehe mit beiden Beinen im Wasser. Es ist warm, 28 Grad. Schnell bekomme ich ein Gefühl von Sonne, Strand und Mittelmeer. Ideale Bedingungen für meinen ersten Tauchgang, denke ich. Doch anstatt auf Mallorca, Ibiza oder Menorca befinde ich mich (nur) im Herzen von Gütersloh. Genauer gesagt: im Becken des Hallenbades an der Herzebrocker Straße.


Rechts und links sowie unter mir: keine Fische und seltene Wasserpflanzen, sondern hellblaue Kacheln. Nicht die Umgebung, die ich mir für meinen ersten Gang in die Tiefe vorgestellt habe. Mein Kopf ziert eine rote Taucherbrille. An meinen Füßen trage ich große schwarz-gelbe Flossen. Mit ihnen soll ich mich im Wasser ganz leicht fortbewegen können, erklärt mir Hans Nold. Er ist an diesem Tag mein Tauchlehrer. Nold sucht schon seit 30 Jahren die Meere nach seltenen Fischen und Pflanzen ab. Sein schönstes Ziel: »die Malediven«, sagt er. Seine Erfahrung unter Wasser ist groß. 1500 Mal zog es ihn bereits in die Tiefe. Mein Gefühl sagt mir: Diesem Mann kann ich bei meinem ersten Tauchgang vertrauen.
Doch bevor ich mich mit ihm in Richtung Beckenboden begebe, legt mir Nold die Ausrüstung an. Sie ist 15 Kilogramm schwer und besteht aus einer Tarierweste, einem Atemregler und einer Druckluftflasche. Theoretisch kann ich damit bis zu zwei Stunden unter Wasser bleiben. Jedenfalls im Hallenbad. Denn die exakte Dauer hängt von der jeweiligen Tiefe und dem dort herrschenden Wasserdruck ab. Fakt ist: Je tiefer man taucht, umso mehr Luft verbraucht man. So wollen es die Gesetze der Natur, die ich mit meiner Ausrüstung überwinden will.
Den ersten Tauchversuch mache ich noch im Nichtschwimmerbecken. Ich nehme einen kräftigen Zug aus dem Atemgerät und lasse meinen Körper auf den Beckenboden gleiten. Es blubbert, während ich unter Wasser ausatme. Schnell spüre ich: Die Druckluft fühlt sich trocken an. Es kratzt fürchterlich im Hals. Die ungewohnte Luft führt zu leichter Atemnot. Ich merke: Unter Wasser fühle ich mich nicht richtig aufgehoben. Ich will nach oben. Frische Luft tanken. Möglichst schnell. Sofort. Ich gebe meinem Tauchlehrer das vereinbarte Signal, recke meinen Daumen unter Wasser in die Höhe. Endlich: Ich kann wieder kräftig durchatmen.
Über Wasser empfiehlt Hans mir, mehrmals durch die Flasche zu atmen. Meine Lunge gewöhnt sich rasch an die raue Luft. Ich wage einen zweiten Versuch – und will anschließend gar nicht mehr nach oben. Ich genieße die Stille unter Wasser, nehme das regelmäßige Blubbergeräusch beim Ausatmen kaum noch wahr. Hans und ich wagen uns nun in den Schwimmerbereich.
Mit jedem Meter, den ich im Becken vorwärts komme, fällt mir das Fortbewegen unter Wasser leichter. Ich komme mir schwerelos vor. Es fühlt sich an, als bliebe die Zeit stehen. Alles ist langsamer.
Gemeinsam mit weiteren Tauchern setzen wir auf dem Grund ein Puzzle zusammen. Von Atembeschwerden oder dem Kratzen im Hals ist keine Spur mehr. Obwohl ich merke, wie meine Arme und Beine schwerer werden, sehne ich mich nicht danach, aus dem Becken zu steigen. Wie schön muss es wohl in einem der Tauchparadiese sein, frage ich mich. Nach mehr als einer Stunde ist meine Reise in die Unterwasserwelt des Hallenbades beendet. Ich steige aus dem Wasser. Ob Tauchen nun Sport oder Freizeitvergnügen ist – diese Frage kann ich nicht beantworten. Es ist beides, was die Faszination am Tauchen ausmacht. Denn es verbindet körperliche Anstrengungen mit der Freude, die Natur zu entdecken.

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